Unerfreuliches aus L.A.

Nov 30, 2009Allgemein

Die Stadt der Engel hat mir zwei Gesichter gezeigt. Eines, voller Gastfreundschaft. Ein anderes, das den gemeinen Touristen wohl eher abschrecken dürfte.

Zur Sache: Ich habe ein paar sehr schöne Tage in L.A. verbracht. Es gab nichts an meinen Gastgebern auszusetzen. Im Gegenteil: So treffe ich mit Hollywood-Autoren zusammen, komme bei einer Bekannten einer Zufallsbekanntschaft aus dem Flugzeug (Sydney Richtung Auckland – Ihr erinnert Euch? Der Ben, der neben mir saß, als das neue Sicherheitsvideo von Air New Zealand gezeigt wurde), darf den traumhaften Sonnenuntergang in Venice Beach (daher auch die Fotos) erleben und vieles mehr. Auf die Details will ich an dieser Stelle gar nicht eingehen. Vielmehr interessiert Euch wahrscheinlich, wie es zum Titel meines aktuellen Blogeintrages gekommen ist.

Ich drucke mir also Zeiten und Route im Internet aus, steige in den Bus und frage den Busfahrer höflich, ob er mich an der entsprechenden Station (an der ich umsteigen muss) “rausschmeisst”. Er kommt dieser Bitte nicht ganz nach. Er sagt mir zwar Bescheid, ich müsse nun aussteigen, aber leider ist es die falsche Haltestelle – wie ich später feststelle. Da stehe ich nun, morgens um 5.30 Uhr, mitten in Los Angeles. Die Straßen verlassen, an einer Ecke blinkt ein gelbes Baustellen-Licht auf. “Was zum Teufel habe ich mir dabei gedacht”, denke ich. Ob ich noch rechtzeitig zum Flughafen komme?

Ich gehe ein paar hundert Meter weiter zur nächsten Ecke und entdecke eine Bushaltestelle, an der drei Männer stehen. Ich gehe rüber und frage den ersten nach Hilfe, zeige ihm meinen Ausdruck der Buslinien. Ehe dieser Antworten kann, stößt ein weiterer Mann hinzu. Offensichtlich steht dieser Mann noch unter Drogen. Er schaut auf mein Stück Papier und sagt: “Du gehst die Straße runter bis zur Ampel und dann biegst Du links ab. Da ist eine Station, mit dem Bus kannst Du weiterfahren. Ich begleite Dich dorthin!”. Ich lehne dankend ab, weiß ich doch, dass dieser Mann nur Geld dafür verlangen wird. Den Gedanken kaum vollendet, sagt er: “Man, I need some money.” Er habe mir doch schließlich geholfen.

Ich weiß genau, was sich noch in meiner Tasche befindet. 20 Dollar in Noten und 2 Dollar und ein paar Kaputte in Münzen. Trotzdem mache ich einen folgenschweren Fehler! Ich sage: “Schau, ich kann Dir nur 12 Cent geben, weil ich die 2 Dollar für den Bus brauche.” Bevor ich mich versehe, schnappt er sich die zwei 10-Dollar-Noten in meiner Hand und wendet sich ab. “Hey”, rufe ich und greife ihn an den Arm. Er dreht seinen Kopf, wirft mir einen wirklich beängstigenden Blick zu und ich asse von ihm ab. Fragt mich nicht nach meinen Gedanken. Warum ich ihn habe gehen lassen oder warum ich diesem Typen – der nicht wirklich wie ein harter Gangster aussah – nicht einfach kurzerhand die Leviten gelesen habe.

Naja, erstens, ich bin kein Supermann (was Ihr spätestens bei der Veröffentlichung meines Skyjumps sehen werdet) und zweitens, ich wollte irgendwie instinktiv nicht meine Gesundheit oder mein Leben für 20 US-Dollar aufs Spiel setze, Wer weiß, ob der Crack-Head mir nicht doch ein Messer an den Hals hält. Wer weiß das schon. Das Ganze hört sich wahrscheinlich jetzt auch spektakulärer an, als es gewesen ist. Tja, er zieht also seines Weges – mit meinen (fast) letzten Dollar und ich gehe bis zur nächsten Ampel und dann links. Muss ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich dort keine Bushaltestelle finde?

Ich gehe also zurück zu den anderen beiden Männern, die vorher natürlich nichts gesehen haben wollen und schaue auf das Haltestellenschild. “Union Station” steht dort geschrieben. “Das ist doch eine Zugstation, da gibt es sicher eine Verbindung zum Flughafen”, denke ich mir. Sekunden später biegt der Bus um die Ecke und ich verzichte dieses Mal auf die Hilfe des Busfahrers. Tatsächlich, es fährt ein Schnellbus zum Flughafen. Kostet 7 Dollar. Scheiße, muss ich doch meinen Rucksack öffnen und neues Geld aus meinem (schon seit langem defektem) Brustbeutel holen. Ach herrje, das liebe Geld. Bereitet einem nur Sorgen… Naja, wenigstens habe ich dafür eine Sorge weniger. Ich komme rechtzeitig am Flughafen an und freue mich auf zwei Nächte in Honolulu.

See you later!

P.S. Und da ich das Klischee, L.A. sei gefährlich, mit meiner Geschichte nicht unbedingt aufrecht erhalten möchte, hänge ich noch ein Video mit dran. Thema: Urteile nicht zu voreilig!

Hopkins’ Storyhood

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