Schlaflos in Kapstadt

Okt 15, 2009Allgemein

Nun sitze ich hier in der Business-Lounge der South African Airways (nachdem ich mit meinem Economy-Ticket für Afrika höflich darauf aufmerksam gemacht habe, dass mein Projekt von der Star Alliance gesponsert wird) und hacke bereits zum zweiten Mal meine Zeilen für diesen Blog in die Tastatur. Um mich herum sitzen die Business-Leute in ihren Anzügen, die im gehobenen Ambiente ihren Kaffee oder Tee genießen. Diese Bild steht im krassen Gegensatz zu dem Bild meiner Person in der vergangenen Nacht – schlafend auf einer harten Metallbank in der Vorhalle des Flughafens ins Kapstadt.

Was war passiert? Nun, das ständige Umherreisen, von Ort zu Ort wandern, gepaart mit dem extrem hohen Input, den ich durch die Begegnungen mit verschiedensten Menschen erlebe, lässt mich zuweilen im Land der Verwirrung verweilen. So komme ich teilweise mit dem Datum und den Wochentagen durcheinander. Bin ich mir mal nicht ganz sicher, schaue ich auf meinem Handy nach. Gestern war ich mir soooo sicher, dass wir Mittwoch den 15. Oktober 2009 haben. Pech für mich, dass es der 14. war. Für gestern noch eine Couch zu organisieren, war praktisch unmöglich. Mit dem Taxi zurück in die Stadt und dort in einem Hostel nachfragen? Die Taxifahrt alleine hätte schon mein Budget gesprengt. Also folge ich der Empfehlung einer Flughafen-Mitarbeiterin und gehe ins nahe gelegene Gästehaus „Road House“. Diesen Weg hätte ich mir sparen können. Was für ein mieser Service. Bevor ich an der Reihe war, haben sich bereits drei Gäste mit den Worten „Was für ein beschissener Service hier“ vom Personal verabschiedet. Das schien die wenig zu stören. Offensichtlich waren sie diese Beschwerden gewohnt.

Ich selbst warte fast eine dreiviertel Stunde bis mir die junge Frau im flapsigen Ton mitteilt, dass noch ein Zimmer frei ist. Für umgerechnet 50 Euro. Oje, das ist teuer. Aber in den vergangenen Tagen habe ich mein Budget nicht ausgereizt, ich könnte also vielleicht doch bleiben. Und außerdem könnte ich ja den ganzen Tag das Internet nutzen und mich um meine Blogs und mein Buch kümmern. Zu früh gefreut! Internet gibt es nur gegen Kreditkartenzahlung zu horrenden Preisen. Mein Blick wandert über die Schulter der Empfangsdame hin zur Wand, an der ein schickes Schild hängt: „Dieses Hotel wird von der FIFA empfohlen“, steht dort geschrieben, geziert mit dem offiziellen Weltmeisterschaftslogo der FIFA. „You’re not serious, are you“, frage ich verdutzt das Personal. „You’re approved by FIFA? I think you really don’t deserve it”, sage ich, drehe mich wieder um, greife mein schweres Gepäck und gehe. Dann doch lieber die Metallbank im Flughafen.

Das mit dem Service in Südafrika ist ohnehin so eine Sache. Hier bekommt das Wort Trägheit eine ganz besondere Bedeutung. Ob beim Geldwechseln in der Bank, an der Kasse im Supermarkt oder beim Essen im Restaurant – überall scheint es so etwas wie einen Wettbewerb zu geben: Wer wird langsamster Mitarbeiter des Monats? Allerdings habe ich – und das sei zur Rettung der Ehre der südafrikanischen Männer gesagt – beobachtet, dass dies ausschließlich auf die Frauen zutrifft. In Europa würde jede(r) Chef(in) solches Servicepersonal spätestens nach einer halben Stunde vor die Tür setzen, weil er/sie die Geduld mit der offensichtlich nicht hoch motivierten Mitarbeiterin verliert.

Auch mit der Freundlichkeit haben manche Servicekräfte hier so ein Problem. Am Servicepoint für Touristen im Kapstadter Flughafen frage ich nach einem Internetzugang. Die junge Frau, die sich nicht einmal bemüht, sich aus ihrer Liegeposition im Sessel herauszulümmeln, fragt: „For what?“ Ein wenig irritiert über diese Frage antworte ich: „Nun, sie wissen schon. Diese moderne Erfindung der Kommunikation, mit der man Emails verschicken kann und…“. „For whaaaaaat“, faucht mich die Frau jetzt an. Jetzt verstehe ich und ich möchte gerne antworten: „Das geht dich einen Scheißdreck an, wofür ich das Internet brauche.“ Aber ich lasse es und sage: „For business.“ „No, we don’t have.“ Damit war das Kapitel Internet für mich gestern abgeschlossen.

Die Nacht bekam ich dann auch kein Auge zu. Die Bank zu hart, meine Gedanken vertieft in den Unwägbarkeiten meines Projektes. Ein erfolgreicher Abschluss des Projektes ist immer noch angesichts der mehr als angespannten Budgetlage ungewiss. In Tansania brauche ich noch zwei Couchen. Das wird eine harte Aufgabe. Mal sehen, ob es klappt. Aber trotzdem gibt es schöne Gedanken. Ich erinnere mich gerne zurück an der Abend zuvor. Die Studenten Paul, Carsten, Josh, Mathei und George zeigten sich als besonders amüsante Gastgeber. Ich habe seit Jahren nicht mehr soviel gelacht – aber das ist ein Kapitel für sich.

Besten Gruß aus Kapstadt,

Daniel

P.S. Aufgrund der Nachfrage und dem positiven Feedback zur finalen Version der Songs von „Gut Durch“ habe ich mich entschieden, Euch die finale Videoversion nicht vorzuenthalten. Vielleicht stellt „Gut Durch“ ja auch mal den Songtext online. Ich würde gerne meinen Gastgebern die englische Übersetzung liefern. Alesamt sind total begeistert von dem Lied. Außerdem gibt es noch einen Videogruß aus Johannesburg. Zugegeben, die junge Dame erzählt einen etwas schmutzigen Witz – und das auch noch in Afrika, tztztzt. Das war aber der einzige Witz den sie kannte, in dem eine Couch vorkam. 😉

Hopkins’ Storyhood

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