Südafrika, was für ein herrliches Land. Hier gibt es fantastischen Wein, eine atemberaubende Landschaft und 2010 die Fußballweltmeisterschaft. Doch Südafrika hat noch immer seine Schattenseiten. Sie sind aber bei weitem nicht so dunkel, wie sie zuweilen in Europa dargestellt werden.
Heute fühle ich mich wirklich ausgepumpt. Die vergangenen Nächte, die ich in diesem Land verbracht habe, waren allesamt lang. Sehr lang. Kein Wunder, möchte jeder meiner Gastgeber mir in kürzester Zeit einen umfangreichen Überblick über sein Heimatland verschaffen.
Ohne meinen bisherigen Gastgebern auf die Füße treten zu wollen, muss ich schon sagen, dass die Südafrikaner mir bisher den interessantesten Aufenthalt geboten haben. Sei es der deutschsprachige Themba, der mit mir ein erstes typisches „Braai“ (Barbecue) aß. Leon, der mir zeigte, wie man in den Straßen Johannesburgs mit den Fingern ist. Willy und Yanni, die mit mir um 6 Uhr in der Früh aufstehen, um einen „Bruma“- Markt (vom Angebot vergleichbar mit den Wochenmärkten in Deutschland) zu besuchen. Nina und Peter, die beiden IT-Spezialisten, die mich in die Untiefen der Politik des Landes „entführten“. Mark Gordon und seine Familie, deren ausgesprochen fantastische Gastfreundschaft ich gar nicht in Worte fassen kann oder George und sein Bruder „JJ“, mit denen ich einen hoch interessantes Gespräch über den Film „Terminator 1“ und die Zukunft im Allgemeinen sinnierte. Allesamt boten mir die vielfältigsten Eindrücke ihrer Personen, ihres Landes, ihrer Wahrnehmung der Politik in Südafrika.
Und die hat es in sich: So scheint Südafrikas Präsident Zuma seine eigene Vorstellung von Gesetzestreue zu haben. Er wird der Vergewaltigung bezichtigt. Doch konnte ihn keiner dafür belangen, da er kurz nach seiner Amtseinführung ein Gesetz erlassen hat, das die „Unberührbarkeit“ des Präsidenten vorsieht. „Ehrlich gesagt konnten wir es nicht fassen, dass er mit dieser Vorgeschichte gewählt wird. Wir hielten es für einen Witz als er kandidierte“, sagen mir Nina und Peter. Darüber hinaus machte sich Zuma mit einer absurden Behauptung lächerlich. So behauptete er tatsächlich, dass man sich nach dem sexuellen Kontakt mit HIV-Infizierten lediglich ordentlich duschen müsse, um sich nicht anzustecken. Ein Karikaturist hat diese beiden Begebenheiten in einer Zeichnung zusammengefasst und lebt seither ein gefährliches Dasein, weil er dafür nicht nur von der Regierung hart bestraft wurde. „Ich finde es beängstigend, dass ein solcher Mann euer Land regiert“, sage ich. „Wem sagst du das. Wir auch“, sagen Nina und Peter.
Ein weiteres Problem ist immer noch die hohe Kriminalität. Es habe sich zwar in den vergangenen Jahren einiges verbessert, aber man müsse dennoch jeden Tag damit rechnen, überfallen oder beraubt zu werden. Leon hat etwa schon fünf Autos durch Diebstahl verloren. Georges Wagen wurde in den vergangenen zwei Jahren sechsmal aufgebrochen, zweimal wurde er von Taschendieben ausgeraubt. Alle Gastgeber raten mir, auf gar keinen Fall alleine mit der TV-Kamera in die Innenstädte von Johannesburg und Kapstadt zu gehen. Die Gefahr ausgeraubt zu werden, sei viel zu groß. Also entscheide ich mich, die Kamera im Haus zu lassen, um nicht das gesamte Projekt zu gefährden. Denn, wer weiß ob sich die Kriminellen mit der Kamera zufrieden geben oder vielleicht doch noch mehr von mir wollen. Ich bleibe also auf der halbwegs sicheren Seite.
In Johannesburg und Kapstadt und auch Praetoria muss man vielerorts mit Baustellen rechnen. Die Städte bereiten sich auf die Fußballweltmeisterschaft 2010 vor. Bis zum nächsten Sommer sollen viele Straßen ausgebaut werden, neue Stadien entstehen, das (bisher miserable) Netz der öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut werden. Man spürt förmlich die Umbruchphase im Land. Und auch in Sachen Kriminalität wird Südafrika sich in den kommenden Monaten wappnen. Tausende zusätzliche Polizisten sollen für den notwendigen Schutz der WM-Gäste sorgen.
Tatsächlich muss ich sagen, dass ich kein ungutes Gefühl auf den Straßen hatte. Ich schaue mich zwar gelegentlich um, um sicher zu gehen, dass mich keiner verfolgt. Aber diese Sorgen sind unberechtigt, ich kann mich frei bewegen. Die Polizeipräsenz in den Innenstädten ist sehr stark.
Was mich vielmehr nervt sind die extrem schlechten Internetverbindungen in diesem Land. Ich kann leider nicht wie gewohnt bloggen oder Mails verschicken. Möchte ich Videos ins Netz einpflegen, kostet es mich mehrere Stunden, wenn es überhaupt klappt. In Asien werden mich sicher andere Verhältnisse erwarten. Insbesondere in Hongkong und Tokio. Apropos Tokio. Ich kann es nicht fassen, aber unsere Teenie-Gruppe „Tokio Hotel“ begegnet mir schon ein zweites Mal auf den Covern ausländischer Magazine. In Portugal war die kleine Schwester meiner Gastgeberin Ana total verrückt nach ihnen, auch in Südafrika scheint die Band ein Begriff zu sein. Irgendwie ist es mir in diesen Momenten unangenehm ein Deutscher zu sein.
Naja, und nun fragen sich sicher auch einige, was ich in Kapstadt mache. Das lag doch gar nicht auf meiner Route. Nun, mein Couchsurfing-Partner aus Durban hatte mir kurzfristig abgesagt. Da mir die Leute aus Johannesburg so von Kapstadt vorschwärmten, habe ich kurzerhand den Flug umgebucht (eigentlich geht es mit den Flugtickets nicht so einfach, aber mein Sponsor Star Alliance hat mich dahingehend optimal unterstützt und problemlos eine Umbuchung vorgenommen).
Und so sitze ich hier nun auf der Veranda von Paul und seinen Freunden. Vor mir ein Chamäleon im Busch, der Pool bereit, genutzt zu werden und ich merke gerade, dass wieder Energie in mir aufsteigt. Die ich sicher benötige, denn es wird bestimmt wieder eine lange Nacht. Unter fünf jungen Studenten. Ich bin gespannt. Schlafen kann ich ja auch morgen im Flugzeug. Auf dem Weg nach Tansania.
Also, lieben Gruß aus Kapstadt,
Daniel
P.S. Für die Interessierten der kulinarischen Genüsse habe ich ein paar Impressionen meiner Mahlzeiten beigefügt. Bisher blieb ich von Montezumas Rache verschont. Auf dem einen Foto mit dem Kaffee in der Hand bin ich mit einem sogenannten Vetkoek zu sehen. Das ist KEIN Döner! Und in Johannesburg habe ich einen chinesischen Reiswein getrunken – in den Flaschen waren Echsen und Schlangen „eingelegt“. Hartes Zeug…