Mit jedem Tag meiner Reise wird mir die Tragweite meines Projektes bewusst. Ich bin ehrlich, mit einer solchen positiven Resonanz hätte ich im Leben nicht gerechnet. Gestern zum Beispiel habe ich an der International Academy School in Dubai mehrere Vorträge über meine Reise gehalten. Die Schüler waren begeistert – von den Kiddies der ersten Klasse bis hin zu den Abiturienten.
„Es wäre sehr schön, wenn Du mich morgen zur Schule begleitest und den Schülern von deinem Projekt erzählst“, sagt Jos. Er ist mein letzter Gastgeber in Dubai und arbeitet seit einigen Jahren als Koordinator an der International Academy School in Dubai. Der gebürtige Amerikaner ging in seiner Heimat in den Ruhestand, erklärte mir Arienne, die mir den Kontakt zu ihm vermittelt hat. „Aber er hat in Dubai einen neuen Job angenommen, um seinen Kindern in den Staaten das Studium zu finanzieren“, sagt sie. Ich bin beeindruckt. Das ist Vaterliebe. Zumal Jos seine Familie nur zwei bis drei Mal für kurze Zeit im Jahr sieht. „Es ist sehr hart für mich, Frau und Kinder in der Heimat zu lassen“, sagt er mir, als er mir die Familienfotos zeigt, die sein spärlich eingerichtetes Appartement im Emirat Sharjah zieren. Mein Herz fängt schwer an zu pumpen, als ich seine Geschichte höre. Ich habe Sehnsucht nach meinem Sohn, dem ich für die kommenden Wochen nur per Videotelefonie meine Zuneigung zeigen kann. Doch wie muss es erst für Jos sein, der seine Söhne und seine Frau sehr viel seltener zu Gesicht bekommt. Ich will nicht weiter darüber nachdenken. Dieser Gedanke macht mich schwermütig.
Nun, jedenfalls habe ich gerne Jos’ Vorschlag angenommen, den Schülern etwas über mein Projekt zu erzählen. Das war am Abend gegen 23 Uhr. Um 3.45 Uhr morgens habe ich meine Präsentation mit Daten und Fotos zu meiner Reise schließlich fertiggestellt. Um 5:45 Uhr war meine Nacht dann auch schon wieder beendet, denn wir mussten sehr früh den Bus zur Schule nehmen. Sichtlich ermüdet erkläre ich zunächst den Kindern der unteren Jahrgangsstufen 1 bis 4, warum ich gerade in Dubai bin und wer ich bin. „He is a very spezial person“, erklärt Jos den Kindern. „And we’re very glad, that he has chosen our school to talk about his project.“ Naja, vielleicht hat er ein wenig übertrieben. Aber die Kinder lauschten gespannt meinen Ausführungen und löcherten mich mit ihren Fragen: “Magst Du deinen Beruf?”, „Welches Land hat Dir bisher am besten gefallen?“; „Welche Länder möchtest Du noch bereisen?“, „Welches Essen hat Dir am besten geschmeckt?“ – nur wenige von vielen durchaus interessanten Fragen. Die Kommunikation erfolgte in englischer Sprache. Ich musste sogar ein „Interview“ geben – die Jungredakteure der Schülerzeitung, Shelly und Georgio, baten um ein Gespräch mit mir.
Am Nachmittag gegen 15.30 Uhr war der Spuk dann auch „schon“ vorbei. Die Zeit verrann wie im Fluge. „Lehrer und Schüler sind gleichermaßen von Deiner Idee begeistert, Deine Vorträge waren echt super“, lobt Jos meine Bemühungen. Eine Klasse schenkt mir zum Abschied noch eine selbst gebastelte Karte (siehe Foto). Die Drittklässler zeichneten eine Weltkugel auf die Vorderseite. In der Innenseite steht geschrieben: „ Thank you for coming to International Academy School.“ Mein Herz geht auf, ich bin gerührt.
Am Abend laden mich einige Lehrer zum traditionellen arabischen Essen ein. Ehrlich gesagt, habe ich den Namen des Mahls schon wieder vergessen. Aber es war sehr lecker. Eine Kombination aus Reis, Blumenkohl sowie warmen Yoghurt und Sauermilch. Leider kann ich nicht länger bleiben. Gegen 19 Uhr holt mich Arienne ab, die mich zum Flughafen bringt. Sie hat sich die vergangenen Tage liebevoll um mich gekümmert, mir zwei Unterkünfte besorgt und eine Tour durch Sharjah und Dubai gemacht. Der Kontakt zu Arienne kam übrigens über meine Gastgeber Mark und Alida in Johannesburg zustande. Alida ist Ariennes Schwester. „Pass auf Dich auf und lass Dich nirgendwo überfallen oder erschießen“, sagt sie mir zum Abschied am Flughafen. „Ach, Du machst Deinen Weg. Da bin ich mir sicher“, sagt sie und zieht wieder ihres Weges.
In Maskat angekommen, holt mich mein nächster Sofa-Besitzer Khaldoun ab. Er war der erste offizielle Couchsurfer von Oman. An diesem Abend finden wir beide jedoch nur wenig Zeit für ein intensives Gespräch. Ihn plagt eine Erkältung, mich die fast unerträgliche Müdigkeit. Wir werden uns aber noch einmal am Dienstag vor meiner Abreise nach Thailand treffen und ausführlich Erfahrungen austauschen.
Und so sitze ich nun in einem Café am Strand in Maskat (das Foto mit dem Kaffee stammt aus Dubai – Festival City), trinke einen Macchiato Karamel und tippe meinen Blog-Text. Außerdem werde ich gleich noch die Zeit nutzen, weitere Couchen in Tokyo, den USA und Mittelamerika zu finden. Für Neuseeland brauchte ich mich übrigens nicht groß bemühen. Vor kurzem erreichte mich eine Nachricht vom offizellen Tourismus-Büro des Landes: „Wir haben eine Couch für Dich!“ Ich nehme natürlich dankend an. Die Antwort meines Kontaktes namens Wibke lässt auf einen abenteuerlichen Aufenthalt in Neuseeland hoffen: „Das ist doch super – wir freuen uns auf Dich!!! Ich hole Dich gerne am 16/11 vom Flughafen ab, schick mir doch einfach die Flugangaben, wenn Du mal eine freie Minute hast :). Ansonsten lass mich wissen, was Du an Aktivitäten so magst. Auckland hat so vieles zu bieten – Maorikultur, Wassersport, vom Skytower springen. Na, hat ja alles noch Zeit – erstmal sind die Pyramiden dran!“
Wow, vom Skytower springen! Das wäre doch was. Wer ist dafür?
Lieben Gruß aus Maskat,
Daniel