Jetzt wird es aber auch wieder langsam Zeit für einen neuen Blogeintrag. Es gibt viel zu erzählen. Zwei aufregende Wochen liegen hinter mir. Voller Musik. Voller Überraschungen. Karneval in Salvador halt. Auch nach der Gaudi in der Millionenmetropole habe ich auf dem 1.900 Kilometer langem Roadtrip zurück nach Rio de Janeiro einiges erleben dürfen. Und unser Geld haben wir auch vom Hotelchef zurück bekommen. Ich entschuldige mich schon jetzt für die vielen Bilder und den für Blogs eher untypisch langen Text. Ich gelobe Besserung.
Rita und ich machen uns also auf den Weg von unserem ersten Zwischenstop in Salvador auf die Insel Morro de Sao Paolo. Ein paar Tage später geht es für uns zurück in die Großstadt, um an den Hauptagen des Karnevals – Montag und Dienstag – mitzufeiern. Mit der Fähre geht es zunächst nach Itaparica, von dort aus mit einem Bus nach Valenca. Dort wollen wir eigentlich ein kleines Boot nach Morro nehmen, aber leider kommen wir zu spät und nehmen uns kurzerhand ein Zimmer in einem Hostel für 40 Real (ca. 15 Euro).
Am nächsten Morgen sitzen wir schließlich auf dem Kahn, der uns zur Insel rüberschifft. Eine herrliche Fahrt, umgeben von riesigen Mangrovenwäldern. Auf der Insel sehen wir uns zunächst mit einer kleinen Herausforderung konfrontiert: zur Karnevalszeit eine Unterkunft finden. Die erste Absteige lassen wir links liegen. Für ein kleines Zimmer, das Bett mit verdreckten Laken, ohne Klimaanlage und Ventilator will der Besitzer 1000 Real (ca. 400 Euro) für die drei Nächte, die wir auf Morro verbringen wollen, haben. Für diesen Wucher sind wir nicht zu haben.
Also machen wir uns weiter auf die Suche. Die Sonne knallt und unser Gepäck wird langsam zur Last. Daher macht sich Rita alleine auf den Weg während ich im Schatten warte und auf unser Gepäck aufpasse. Da stehe ich nun, hoffe, dass sie eine preiswertere Bleibe findet und sehe drei junge Touristen an mir vorbeischlendern. Irgendwie sehen die europäisch aus, denke ich mir. Ich frage auf Englisch: Kennt Ihr eine günstige Unterkunft? Und: Wo kommt Ihr denn her? “From Germany”, sagt Manuel, der mit seinem Freund Henrik und dessen Schwester Ulli ein paar Tage auf Morro verbringt. Die Drei haben im Zentrum der Insel ein Zimmer gefunden, für das sie pro Nacht und pro Person 25 Real (10 Euro) bezahlen. Und soweit sie wissen, sei noch ein Zimmer frei. Wir warten gemeinsam auf die Rückkehr von Rita, die in der Zwischenzeit ein Haus gefunden hat, in dem wir für 80 Real (ca. 30 Euro) pro Nacht unterkommen können. Da wir aber ein schmales Budget haben, wollen wir uns zunächst das Zimmer im “Dani’s House” anschauen. Es hat zwar keine Klimaanlage, dafür aber einen Ventilator. Und auch die Badezimmer sind eine Gemeinschaftseinrichtung für alle drei zu vermietenden Zimmer in der kleinen Poussada. Das macht uns nichts aus. Und so ist die Zufallsbegegnung mit Henrik, Manuel und Ulli ein richtiger Glücksfall für uns.
Am Nachmittag machen Rita und ich uns auf eine Erkundungstour, die am Strand mit einem ausgiebigen Bad im warmen Atlantik endet. Am Abend finden wir ein günstiges Restaurant, wo wir frischen Fisch serviert bekommen. “Typisch brasilianisches Essen”, wie mir Rita versichert.
Für den nächsten Tag verabreden wir uns mit unseren neuen deutschen Freunden für einen Ausflug an das andere Ende der Insel. Am “3. Strand” erleben wir hautnah, wie zutraulich die exotischen Fische sein können. Mit ein paar Brotkrümel, die uns eine Brasilianerin vor Ort in die Hand drückt, locken wir Hunderte von Meerestieren an. Sie fressen einem dabei buchstäblich aus der Hand. Manuel wird sogar einmal böse gezwickt. Tja, auch Fische haben manchmal “Zähne”.
Ein paar Meter weiter passieren wir einige Pferde. Schon am Morgen schwärmte Rita davon, die Insel hoch zu Ross erkunden zu wollen. Ulli und Manuel ziehen den Gang zu Fuß vor, Henrik hat leider eine Mandelentzündung erwischt. Er beendet den Ausflug vorzeitig, um im Zimmer zu genesen. Rita und ich vereinbaren also mit Ulli (an dieser Stelle ihr einen großen Dank für die Brand- und Wundheilsalbe, die sie mir für meinen Sonnenbrand auf dem linken Fuß überließ) und Manuel einen Treffpunkt. Leider wird aber nichts aus dem Treffen, denn wir reiten nach Gamboa und nicht wie vereinbart ans Ende des 3. Strandes. Ein Missverständnis zwischen uns und dem Pferdeführer. Der Ritt an sich bescherte mir nicht besonders viel Freude. Der Schweiß trieb mir die Sonnencreme in die Augen – eine schmerzvolle Angelegenheit. Darüber hinaus hatte ich mit dem besch… Sattel zu kämpfen, der nicht auf meine Größe ausgelegt war und wie verrückt an den Innenseiten meiner Waden scheuerte. Naja, Rita wollte halt reiten. Was man(n) nicht alles für die Liebste macht…
Abends suchen wir den zweiten Strand auf, genießen mit Manuel und Ulli ein paar frische Cocktails, die an zahlreichen, bunt dekorierten, kleinen Ständen frisch zubereitet werden. Dort lernen wir auch den Portugiesen Carlos und die gebürtige Belgierin Lilly kennen. Sie haben vor zehn Monaten ein Restaurant, das “Lagardère”, auf der Insel eröffnet und laden uns für den nächsten Abend auf einen Caipirinha ein.
Den dritten Tag auf der Insel verbringen Rita und ich tagsüber nicht gemeinsam. Sie begleitet Ulli, Manuel und einen ortsansässigen Brasilianer auf einen Ausflug, während ich mich um meine E-Mails und andere wichtige Dinge kümmere. Henrik ist noch immer ein wenig angeschlagen und bleibt auch im Dorf. Nachdem ich das Wichtigste erledigt hatte (Blogkommentare lesen und kommentieren *lach*), beschließen Henrik und ich, dass wir uns auf den Weg zum “Toca” machen. Das “Toca” ist eine Open Air Chill Out Bar, die sich unweit des Hafens auf einer Anhöhe befindet. Von dort aus hat man einen herrlichen Ausblick aufs Meer und kann in den Abendstunden neben Live-Musik einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten. Wer also mal zur Insel reisen sollte, dem empfehle ich dringend einen Besuch im “Toca”. Rita stößt im richtigen Augenblick zur Runde hinzu. Henrik widerum muss seinem Gesundheitszustand Tribut zollen und vorzeitig zurück aufs Zimmer. Schade eigentlich, der Sonnenuntergang ist phänomenal…
Schließlich hieß es für uns Abschied nehmen von Morro de Sao Paolo. Auf der Fähre nach Salvador lernen wir Avi, Netta und ihren zweijährigen Sohn Yuval aus Tel Aviv kennen. Die Drei sind mit dem Auto aus Rio angereist und haben noch keine Bleibe für die Karnevalshochburg. Da ist guter Rat teuer: Zur Karnevalszeit ein Zimmer zu bekommen ist in etwa so schwierig wie zur Narrenzeit in Düsseldorf ein Kölsch zu bestellen. Kurzerhand greift Rita zum Telefon und fragt in unserem Motel (das außerhalb der Karnevalszeit als Stundenhotel genutzt wird), ob noch ein Zimmer frei ist. Es ist frei, aber Kinder seien nicht erlaubt. Wir versuchen es vor Ort trotzdem und haben Glück. Die drei Israelis kommen dort unter. Beim Einchecken hat Avi seinen Sohn einfach nicht erwähnt und hinterher mochte der Manager sie auch nicht mehr wegschicken. Später stellt sich außerdem heraus, dass die junge Familie nicht mehr mit dem Auto zurück nach Rio möchte, stattdessen lieber den Flieger nehmen möchte. Die Rückführung des Autos würde sie 650 US-Dollar extra kosten. Rita und ich hatten ohnehin geplant mit dem Auto die Küste entlang zu fahren. Da trifft sich ganz gut, dass wir einfach ihr Fahrzeug übernehmen. Wir zahlen etwas weniger an Miete und Avi und Netta brauchen die Rückführungskosten nicht zahlen.
Aber erstmal war Karneval angesagt. Zusammen mit den Israelis genießen wir das Spektakel am Nachmittag in der Innenstadt. Abends dann auf der offiziellen Feiermeile, wo sich Millionen Menschen vor und auf den so genanten Camarotes (eigens für den Karneval aufgestellte Tribünen) der Musik von den riesigen Musikwagen, die entlang der Camarotes ziehen, hingeben. Die Atmosphäre lässt sich nur schwer beschreiben. Es ist unglaublich, welche Stimmung dort herrscht. Wo man hinschaut, tanzende Paare, strahlende Gesichter und jede Menge Straßenhändler, die von erhitzten Käsestangen über Süßigkeiten und Tabakwaren bis hin zu leckeren Cocktails wirklich alles anbieten, was das Herz begehrt.
Zwei Nächte machen wir mit, nachdem wir tagsüber im Stadtteil Pelourinho umherbummeln. Übrigens der Stadtteil in dem Rita und ich bereits bei unserem ersten Zwischenstop in Salvador übernachten. Beim nächtlichen Spaziergang vernehmen wir dort Reggae-Klänge aus dem dritten Stock eines kleinen Wohnhauses. Wir wagen uns die Stufen hinauf und stoßen auf eine Band, die in einem leer geräumten Wohnzimmer für ihren Auftritt auf dem Karneval proben. Erst später finden wir heraus, dass es sich dabei um Gil Felix, einem sehr bekannten Sänger, und seiner Truppe handelt. Rita und ich kommen also in den Genuss einer kleinen Privatvorstellung. Alles in Einem eine rundum gelungene Karnevalsreise.Vor allem haben wir aber sehr viel Freude an Avi, Netta und deren entzückenden Sohn Yuval.
Dann heißt es für uns: ROADTRIP!!! 1900 Kilometer entlang der Küste liegen vor uns. Rita und ich tauchen bei den Riffen vor Taipus de Fora, sehen eine Suppenteller große Vogelspinne am Straßenrand, kleine Affen, die uns zum Frühstück in Itacare wecken, ein Faultier, das sich an einen kleinen Jungen klammert und lassen uns von dem Papageien “Lore” böse in die Finger zwicken.Ganz schön tierisch…
Leider müssen wir auf unserem Roadtrip auch schlimme Unfälle beobachten. Eines Abends schläft direkt vor uns ein Lkw-Fahrer ein, so dass er mit einem folgenden Lkw kollidiert, aus der Spur und ins Schleudern gerät, um schließlich auf der Seite liegend die Straße zu blockieren. Seine Fracht, tonnenweise Papayas verteilt sich auf dem Asphalt. Glücklicherweise kommt kein Mensch bei dem Unfall zu schaden. Wir stecken aber für lange Zeit fest und beobachten, wie andere Autofahrer ihren Kofferraum mit Papayas volladen. “Das ist Brasilien”, sagt Rita. “So läuft das hier. Was nicht festgekettet ist, wird mitgenommen.” Wir müssen lachen, als wir das hektische Treiben der diebischen Elstern beobachten. Ein zweiter Unfall hat offensichtlich schlimmere Folgen. Zwei Pkw stoßen auf der BR 101 frontal zusammen. Verletzte werden von Ersthelfern auf der Straße versorgt. Die Straße gleicht einem Schlachtfeld. Unsere Stimmung wird getrübt. Vielleicht hat diese gefährliche Passage erneut ein Todesopfer gefordert. Wie so oft.
Rita und ich kommen glücklicherweise unbeschadet in Rio an. Und so sitze ich hier nun. Auf dem Balkon mit Blick aufs Meer. Schreibe für meinen Blog, für mein Buch und für meine neu gegründete Firma. Es liegen noch ein paar aufregende Tage vor mir. Wie immer halte ich Euch auf dem Laufenden.
Lieben Gruß,
Daniel