Mein erstes „Couchhopper“-Erlebnis nach Monaten verdient natürlich einen kurzen Beitrag hier. Nicht zuletzt, weil es wieder einmal eine große Überraschung für mich gab.
Es hat mich also nach Pirmasens – oder wie die Pfälzer zu pflegen sagen „Bärmesens“ – verschlagen. Ein wichtiger beruflicher Termin stand auf meiner Tagesordnung. Doch dieses Mal habe ich im Vorfeld nicht nach einem Hotel für meine Unterkunft gesucht, sondern nach Gleichgesinnten, die mich für zwei Nächte bei sich aufnehmen würden.
Nun, angesichts der überschaubaren Größe von Pirmasens (knapp 40.000 Einwohner) und der weniger optimalen Lage der Kleinstadt, war die Liste der Couchsurfer auf der Plattform von couchsurfing.org denkbar kurz. Aber ich hatte Glück: Sarah und Steffen antworteten auf meine Anfrage. Ich sei ihr erster Couchsurfer, „wer kommt sonst schon nach Pirmasens“, schreiben sie. Außerdem „bemühen wir uns auch hochdeutsch zu sprechen, wir in Pirmasens haben ja unseren eigenen Dialekt, der für jemand anderes nicht so einfach zu verstehen ist.“ Das kann ich nur bestätigen.
Die beiden sind so nett und holen mich nach meiner neunstündigen Zugfahrt am Abend ab. Wir haben sofort einen guten Draht zueinander. Und da ich es für eine Frage des Anstands halte, sich für die Gastfreundschaft erkenntlich zu zeigen, lade ich die beiden gleich nach meiner Ankunft zum Essen ein. Steffen und Sarah fahren mit mir zum „Forsthaus Beckenhof“, das idyllisch im Herzen des pfälzischen Waldes liegt. Naja, über die Qualität des Essens kann man streiten. Satt bin ich aber geworden.
Später gibt es einen gravierenden Unterschied zu meinem vergangenen Projekt. Für die zwei Nächte in Pirmasens steht mir ein Gästezimmer zur Verfügung. Zwar haben die beiden auch eine Couch, aber dieses Mal brauche ich nicht darauf bestehen, auf dieser zu nächtigen. Für mich ein ganz ungewohntes Couchhopping. 😉
Der nächste Morgen beginnt früh um sieben Uhr. Ich verlasse mit den beiden das Haus und frühstücke „klassisch“ bei einer bekannten Fast-Food-Kette. Da gibt es schließlich auch eine Stunde lang kostenlosen Internetzugang. Ein Argument, das bei mir zieht. Da mein Termin aber erst um 13 Uhr stattfindet, nutze ich die Zeit für einen Bummel durchs verregnete Pirmasens. War schnell erledigt und bevor ich hier über einzelne „Sehenswürdigkeiten“ berichte, empfehle ich lieber die Lektüre des Wikipedia-Eintrags über die Kleinstadt.
Abends dann aber DER Kracher!!! Ich habe Heißhunger auf einen Döner. Wir machen uns also auf zu „Ibo’s Grillstube“. Schon beim ersten Blick auf die Speisekarte muss ich stutzen. „Ibo“ bietet dort einen “vegetarischen Döner“ an. Na, das soll mir doch mal einer erklären, wie das funktionieren soll. Wir erinnern uns: Ursprünglich wurde für Döner nur Hammel- oder Lammfleisch verwendet, heute sind – zumindest außerhalb der Türkei – Kalb- oder Rindfleisch und auch Geflügel wie Pute oder Hühnchen üblich. Bei „Ibo“ gibt es kein Lammfleisch. Nur Hühnchen und (jetzt kommt’s) SCHWEIN! Mir stockt der Atem, kann ich doch nicht glauben, dass ich im türkischen Restaurant stehe und auf einen Gyros-Spieß starre. Ich bin so baff, dass ich erst mal ungläubig abwechselnd auf die Karte und den Spieß schaue. „Ist das dein ernst“, frage ich den Mann hinter der Theke, der offensichtlich orientalischer Abstammung ist. „Der Döner hier ist in Wahrheit ein Gyros?“ Er sagt: „Unser Döner ist aus Huhn, aber der Gyros schmeckt mir auch sehr gut!“ Ich muss lachen. Kann in diesem Moment nicht glauben, was ich mit eigenen Augen sehe.
Steffen und Sarah zeigen sich verwundert über meine Reaktion. „Alle Dönerbuden hier in der Region bieten Schweinefleisch an. Das ist normal hier.“ Nee, normal ist das nicht! Und ich erkläre den beiden, dass sie in Osnabrück ganz sicher vergeblich nach einem Türken suchen, der ihnen Gyros verkaufen wird. Trotzdem kommen mir Zweifel. Gibt es tatsächlich mehr Dönerverkäufer in der Republik, die mit ihren religiösen Regeln und Traditionen brechen, als ich jemals zu träumen gewagt habe? Ich habe Steffen und Sarah versprochen, diese eine Frage hier öffentlich zu stellen: Gibt es bei Euch in der Region solche türkischen Restaurants?
Falls nicht, dann fahrt nach „Bärmesens“. Geschmeckt hat der Gyros jedenfalls sehr!