Gestern Nacht hatte ich ein langes Gespräch mit Rita. Dieses Mal ging es nicht um die Firma, nicht um meine bevorstehende Reise nach Brasilien, nicht um das geplante Buch. Dieses Mal erzählte ich ihr von den Kommentaren in meinen Blogs (hierbei handelt es sich vor allem um die Blogkommentare bei stern.de). Darüber, wie ich mich manchmal ärgere, dass manche Leser voreilig urteilen. Aber auch darüber, wie andere Leser Partei für mich ergreifen und mir den Rücken stärken. Meinen Monolog über Freunde, Unterstützer, aber auch Feinde und Neider meines Blogs unterbricht Rita mit folgenden Worten: "Daniel, ich möchte Dir eine Geschichte erzählen. Danach wirst Du Dir sicher nicht mehr soviele Gedanken über böse Kommentare machen." Und sie beginnt:
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Ein Vater ist mit seinem Sohn auf Reisen. Samt Gepäck auf dem Rücken eines Esels. Als die Drei durch das erste Dorf streifen, werden sie von den Einwohnern angesprochen: "Das könnt ihr doch nicht machen, der arme Esel. So viel Gepäck und dann ihr zwei noch auf dem Rücken. Ihr beide solltet zu Fuß gehen." Vater und Sohn steigen ab und setzen ihre Reise weiter fort.
Im nächsten Dorf schimpfen die Einwohner auf den Vater: "Wie kannst du nur deinen jungen Sohn bei so einer anstrengenden Reise laufen lassen? Er gehört auf den Rücken des Esels und du solltest das Gepäck schleppen." Der Vater lenkt ein, nimmt das Gepäck und platziert den Jungen auf den Rücken des Esels.
Im dritten Dorf bekommt der Junge den Unmut der Dorfbewohner zu spüren: "Wie kannst du nur deinen armen, alten Vater das Gepäck schleppen lassen, während du bequem auf dem Rücken des Esels reist. Du solltest Platz für Vater und Gepäck machen." Gesagt, getan.
Im vierten Dorf machen die Tierliebhaber mobil: "Der arme Esel. Warum muss er die Lasten schleppen. Das könnt ihr beiden doch auch alleine. Geht zu Fuß und schleppt das Gepäck selbst." Um auch hier es den Einwohnern recht zu machen, steigt der Vater ab, das Gepäck wird unter ihm und seinen Sohn aufgeteilt.
Im fünften Dorf schlagen die Leute die Hände über den Kopf. Da laufen Vater und Sohn mit schwerem Gepäck auf dem Rücken neben einem Esel her, der ohne Last einen Huf vor den anderen setzt. "Ja, seid ihr denn bescheuert", fragen die Einwohner. "Ihr solltet beide die Reise auf dem Rücken des Esels weiterführen, samt Gepäck. Der Esel hält das schon aus." Und so führen sie ihre Reise weiter fort… bis zum nächsten Dorf.
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"Eine schöne Geschichte", sage ich zu Rita. "Da braucht man wirklich nichts mehr zu sagen. Den Sinn sollte jeder spätestens im fünften Dorf erkannt haben." Wir lachen. Und die bösen Blogkommentare vom Vortag sind vergessen…
In diesem Sinne schwinge ich mich nun auf meinen imaginären Esel, ohne Gepäck und ohne Sohn, und reite ins nächste Dorf. Mal sehen, was mich dort erwartet!
Daniel