Spontaneität gehört zu meinen Stärken (und zuweilen auch Schwächen). Und für Menschen, die ebenso ticken wie ich, hege ich eine gewisse Sympathie. Dies darf durchaus auch als Kompliment für meinen Couchgesprächspartner Masoud Kamali verstanden werden. Denn den 50-jährigen Organisator der diesjährigen webinale in Berlin schnappte ich mir gerade kurzerhand für ein Vieraugen-Gespräch. Auf einer Couch in der Lobby des Maritim pro Arte Hotels sprachen wir über die Veranstaltung, sein Privatleben und ein bisschen über die Zukunft.
Gleich zu Beginn unserer spontanen Begegnung mache ich deutlich, dass es mir weniger um einen Bericht über die webinale geht. Vielmehr möchte ich Dinge über Masoud Kamali erfahren, die nicht offensichtlich sind, die sich hinter den Kulissen des Events abspielen oder in welchen Bereichen der gebürtige Perser sich sonst noch aktiv engagiert. Die Zeit ist denkbar knapp. Das Programm der webinale ist unter anderem vollgepackt mit Vorträgen rund um das Thema Social Media und ich möchte möglichst jedes einzelne Referat in mir aufsaugen. „Ich nehme mir so viel Zeit für sie, wie sie brauchen“, sagt Kamali. Und dann will ich doch zuerst etwas zu seinen Gedanken über die „Web Konferenz“ wissen.
„Insgesamt nehmen rund 1200 Menschen an der Veranstaltung teil“, erklärt er und ich falle ihm gleich ins Wort. „Dann haben sie sicher auch mit allerhand Problemen im Hintergrund zu kämpfen, oder“, hake ich ein. Er lacht und sagt: „Das soll jetzt keine Angeberei sein, aber wir organisieren seit 1996 Konferenzen auf der ganzen Welt. Man kann schon sagen, dass wir ein eingespieltes Team sind“. In diesem Jahr sei bisher alles reibungslos verlaufen. „Aber natürlich wird man immer wieder mit Dingen konfrontiert, wo Improvisation gefragt ist“, sagt er und grinst. „Zum Beispiel?“, will ich wissen.
„Vor zwei Jahren hatten wir die Star-Köchin Sarah Wiener zu uns eingeladen“, so Kamali. Sie sollte für die Teilnehmer das Essen zubereiten. Offensichtlich habe es ein Verständigungsproblem gegeben, denn die Köchin zauberte zwar herrliche Gedecke. Allerdings seien die Portionen so knapp bemessen gewesen, dass „wir jedem Teilnehmer einen zehn Euro Schein in die Hand gedrückt haben, damit die ihren Hunger im gegenüberliegenden MC Donald’s stillen konnten“. So eine große Konferenz ist für jeden Teilnehmer auch eine Anstrengung und da will der Magen ausreichend gefüllt sein. „Deswegen haben wir in diesen Tagen auch ein reichhaltiges Büfett organisiert“, erklärt der studierte Informatiker und Philosoph.
Wenn er aber gerade nicht mit der Organisation von Events dieser Art beschäftigt ist, womit dann? Wieder zieht sich ein Schmunzeln über sein Gesicht. Er habe sein Hobby zum Beruf gemacht und überhaupt sehe er es auch als eine Art Berufung an, das Thema Internettechnologie weiter in der Gesellschaft, vor allem in der Politik, zu manifestieren. „Ich sage immer, Regierende der Zukunft müssen sich in diesen Bereichen auskennen. Ich erinnere mich immer wieder gerne an ein Interview mit dem Christian Ströbele und anderen Politikern, die von Kinderreportern zum Thema Internet befragt worden sind und nicht wussten, was ein Browser ist.“ (Das Interview gibt es hier bei youtube)
Das könne seinem dreijährigen Sohn nicht passieren. Denn der könne mittlerweile ohne Probleme das iPad vom Papa bedienen, suche sich eigenständig youtube-Musikvideos von Johnny Cash heraus oder schaue sich Flugzeuge einer großen deutschen Airline an. Ob Kamali seinen Sohn schon als Referent für die webinale im kommenden Jahr vorgemerkt habe, will ich scherzhaft wissen. „Gar nicht so abwegig“, lacht Masoud Kamali und schiebt dann doch etwas ernst hinterher: „dafür bleibt aber doch noch etwas länger Zeit“.
Doch die Förderung des Nachwuchses ist ohnehin ein großes Thema für Kamali und einige seiner Mitstreiter. Er erzählt mir von dem Projekt „Develope your future“. Dabei ginge es darum, benachteiligten Kindern und Jugendlichen den Zugang zur IT zu ermöglichen. „Wir sind gerade dabei, eine entsprechende Stiftung zu gründen. Die Branche schreit förmlich nach qualifizierten Fachkräften. Mit der Stiftung können wir unseren Beitrag zur möglichen, späteren Jobvermittlung leisten und tun dabei etwas Gutes für den Nachwuchs.“
Und hat ein Masoud Kamali auch ein Privatleben oder ergeht es ihm wie Viele (mich eingeschlossen), die Zuhause nicht vom Beruf abschalten können? „Ich nutze meine Freizeit sehr intensiv mit Dingen, die nichts mit meinem Job zu tun haben“, sagt er. So gehe er gerne ins Kino – das allerdings lieber alleine, denn „wozu brauche ich jemanden, der neben mir sitzt?“ -, mag gerne ausgedehnte Spaziergänge mit seiner Familie, trifft Freunde. Es bleibe ihm sogar Zeit fürs Lesen. Erst kürzlich habe er sich das Buch „Karte und Gebiet“ von Michel Houellebecq gekauft. Er betont: „Das ist ein richtiges Buch. Mit Seiten. So richtig physisch.“ Er – der fast keinen Schritt ohne sein iPad macht – hat dabei eine wundersame Beobachtung gemacht: „Das Buch ist schwerer als mein iPad!“
Wir müssen beide lachen. Und ich finde, es war ein sehr interessantes „Fast Forward Couchgespräch“, hier in Berlin, auf der Ledercouch…
P.S. Ein herzliches Dankeschön an die Fotografin Ivi Roberg für ihren ebenso spontanen Einsatz und die Bereitsstellung der Fotos. 🙂