So fern. Und doch so nah.

Jan 25, 2021Kommentar

Die Amerikanisierung als Hoffnungsanker

Mit der offiziellen Amtseinführung des 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hofft nicht nur die Mehrheit der US-Bürger auf eine deutliche Verbesserung der innenpolitischen und wirtschaftlichen Lage. Die ganze Welt schaut gebannt auf die ersten Amtshandlungen von Joseph Robinette Biden, die zweifelsohne dem desaströsen Vermächtnis eines Donald Trump positiv entgegenwirken werden.

Nur wenige Stunden nach seiner offiziellen Ernennung zum US-Präsidenten handelt er. Er erlässt 17 weitreichende Dekrete und Vorschriften. Viele von ihnen machen rückgängig, was sein nationalistischer Vorgänger zuvor verbockt hat. Der globalen Ordnung wird es sicher zuträglich sein, dass die USA wieder zum Pariser Klimaabkommen beitreten und auch erneut Mitglied der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sein werden.
Der Stopp des Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko und die Aufhebung des Einreiseverbots für bestimmte muslimische Länder sind überdies ein untrügliches Zeichen dafür, dass die neue – demokratisch geführte – US-Regierung dem extrem nationalistischen Kurs der Vorgängerregierung den Rücken kehrt. Die Verschärfung der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie zeugt zudem davon, dass die Zeiten des wissenschaftsfeindlichen Gebarens verirrter Seelen in Regierungskreisen vorbei sind.

Der Einfluss der USA auf unsere eigene Gesellschaft

Warum ist es für uns in Europa (insbesondere in Deutschland) so wichtig, dass Biden unsere grundlegenden Erwartungen und Hoffnungen in sein künftiges Wirken – geprägt von Anstand, Wahrheit, Solidarität und globaler Verantwortung – erfüllt? Das Stichwort lautet Amerikanisierung.

Unser gesellschaftliches Leben wird nicht unerheblich von Werten, Traditionen und Verhaltensweisen geprägt, die ihren Ursprung in den USA finden. Sei es unser Konsumverhalten, die Übernahme von Festen wie Halloween, unser Ernährungsverhalten, aggressive Marketingmethoden oder auch Mechanismen des Wahlkampfes. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen. Zuletzt war es aber vor allem der kommunikative Umgang miteinander, der sich – u.a. durch den Einfluss von anstandslosen und moralisch verwerflichen Aktionen und Aussagen von rassistisch-nationalistischen US-Bürgern (mit Trump als ihr Wortführer) – zunehmend verschlechterte. Die (noch deutlich zu) wenig regulierbaren Möglichkeiten der unmittelbaren Kommunikation via Social Media dienten diesen Agitatoren als nützliche Erfüllungsgehilfen bei der Verbreitung ihrer gesellschaftsfeindlichen Thesen und Verschwörungstheorien.

Wer meint, man könne die Verhältnisse in den USA nicht mit der hiesigen Situation vergleichen, der irrt. Verschwörungstheoretiker und nationalistische Eiferer feiern derzeit Hochkonjunktur in den Sozialen Medien. Mitunter auch auf den Straßen, wo sie sich unter dem Deckmantel der Corona-Skeptiker und der „besorgten Bürger“ Gehör verschaffen. Leider nicht selten mit Erfolg. Denn ihre Bauernfängerei wird vor allem für jene Bürger zum Verhängnis, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, die Lügen und hetzerischen Phrasen als solche zu verifizieren. Gepaart mit dem Frust wegen eines mutmaßlichen Politikversagens und der Angst um eigene Existenzen, bilden diese wissenschafts-, menschen- und gesellschaftsfeindlichen Individuen eine hoch explosive Minderheit, die einen Drahtseilakt zwischen verbaler Aggressivität und der tatsächlichen Ausübung von Gewalt vollziehen.

Gemeinsam für Aufklärung sorgen

Dass wir es hierzulande schaffen, dieser negativen Entwicklung als Solidargemeinschaft positiv entgegenzuwirken und kommunikativ wieder ein Stückweit in Richtung „Normalität“ zu steuern, hängt natürlich nicht alleine von Onkel Joes Regierungsstil und der gesellschaftspolitischen Lage in den USA ab. Wir müssen schon selbst aktiv werden. Etwa, indem wir Falschmeldungen, Hetze und Verschwörungstheorien konsequent entlarven. Sachlich und faktengesteuert. Wir werden dabei wahrscheinlich nicht die Hartgesottenen unter den Verbreitern von gesellschaftsfeindlichen Inhalten bekehren. Gleichwohl sorgen wir aber dafür, dass den Leserinnen und Lesern solch schädlichen Inhaltes auch die tatsächlichen Fakten geboten werden. Die Chance sinkt, dass sie von den Filterblasen der Gesellschaftsfeinde vereinnahmt werden.

Trotzdem gilt: Wenn es das Vorbild Joe Biden schafft, die entzweite Gesellschaft in den USA ein Stückweit zu einen und einen gemäßigteren Standard wiederherstellt, dann wird sich die entschärfte Kommunikation auch auf unsere Gesellschaft auswirken. Die Amerikanisierung wirkt mitunter schließlich auch positiv. Wenn ich da nur an die Burger und Hot Dogs denke …

Hopkins’ Storyhood

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